„Keep the Loop“ – mit jemandem wirklich verbunden sein

Mein Kapitän und ich hatten unsere Fluggäste passend zum Wochenende nach Nizza geflogen: unsere Kunden hatten ihre Kunden zum Formel 1 Rennen eingeladen. Am Sonntagabend wollten wir diese wieder einsammeln, doch dass der Rückflug zum Problem werden würde, konnten wir nicht ahnen…

Unstimmigkeiten an Bord

An diesem Nachmittag waren die Computer der französischen Flugsicherung ausgefallen und wir konnten den Flughafen von Nizza nicht wie üblich nach Instrumentenflugregeln verlassen. So stand unser Flugzeug mit vielen anderen Verkehrs- und Geschäftsflugzeugen auf dem Vorfeld und wie alle warteten wir auf den Abflug.

Plötzlich bot sich eine Möglichkeit, nach den sogenannten Sichtflugregeln heim zu fliegen und so nutzten wir den Augenblick, sammelten in Windeseile unsere Passagiere auf und stiegen allesamt schleunigst ins Flugzeug.

Wie immer zückte ich die Checkliste, um die vorgesehenen Verfahren im Zweier-Team durchzuführen. Doch mein Kapitän hatte es eilig und wir hasteten eher durch die Checks als dass wir diese vernünftig abarbeiteten – gleiches galt für den neuen, für uns unüblichen, Abflugweg nach Sichtflugregeln. Am Abflugpunkte vor der Startbahn versuchte ich noch einmal die Route gemeinsam durchzugehen, doch mein Kapitän drückte weiter aufs Tempo: „Nein, nein! Wir müssen jetzt los!“

Ich war schockiert und unfähig mich durchzusetzen. Jung und zu der Zeit noch wenig erfahren, folgte ich meinem Kollegen … und schaltete auf „beleidigt“. Genauso wie zu erwarten, bog er einige Augenblicke nach dem Start auch „falsch ab“: nicht ungefährlich bei der Topografie des Geländes nördlich von Nizza.

Schon bald erklang im Funk die Stimme des französischen Fluglotsen: „… are you sure where you are going?“ Für mich war das in diesem Augenblick eine echte Genugtuung: ich hatte es ja kommen sehen! Rückblickend eine erschreckende Einstellung.

Kommunikation auf Augenhöhe ist das A und O

Endlich steuerten wir zurück auf den korrekten Abflugweg und flogen über die Schweizer Alpen nach Hause. Der weitere Flug war ereignislos und nach der Landung verabschiedeten wir die Passagiere wie gewohnt.

Aber uns war klar, dass wir den Abflug sauber verbockt hatten und so setzen uns noch einmal zusammen, um den gesamten Flug Revue passieren zu lassen. Und wir waren uns einig: in so eine Situation wollten wir uns nie wieder bringen!

Der „Trick“ in der Zusammenarbeit ist eben Achtsamkeit zu erhalten, sich mit dem Partner zu verbinden und zu verstehen, was in ihm vorgeht – emotional und gedanklich. Wichtig ist es darüber hinaus auch, sich Gehör zu verschaffen und auf Augenhöhe zu kommunizieren. Die Haltung muss immer sein: wir wollen zueinander finden! Denn wenn das funktioniert, vermeidest Du es, nicht auf der gleichen Wellenlänge zu sein und schaffst das Gegenteil herzustellen – Du bleibst mit Deinem Gegenüber „in the Loop“.

 

Welcher Risiko-Typ bist Du?

Bist Du eher der Haudegen oder schätzt Du Risiken sinnvoll ab?

Wenn ich an Risikobereitschaft denke, kommt mir direkt ein Beispiel aus der Fliegerei in den Sinn: Der Durchbruch der Schallmauer war nicht nur eine echte Innovation, sondern auch ein großes Risiko…

Es war im Oktober 1947, als Chuck Yeager mit der Bell X-1 erstmals schneller als der Schall flog. Bis dahin war ein solches Manöver undenkbar, denn bei Annäherung an die Schallmauer wird ein herkömmliches Flugzeug steuerlos und es kommt zu unkontrollierbaren Flugzuständen. Mehr noch: Die Schockwellen, die entstehen, können das Flugzeug sogar zerstören – die Schallmauer hatte ihren Namen nicht von ungefähr. Deshalb braucht es für solch ein Unterfangen auch ein Spezialdesign, um die Steuerfähigkeit des Flugzeugs weiterhin zu gewährleisten. Und es braucht natürlich einen Piloten, der bereit ist mit allem zu rechnen und ein großes Risiko einzugehen. Chuck Yeager war so ein Typ.

Ein riskanter Flug

Doch beinahe hätte der Flug in dieser Art nie stattgefunden, zumindest nicht unter der Führung von Yeager. Denn vor seinem riskanten Flug machte er mit seiner Frau einen nächtlichen Reitausflug. Unglücklicherweise stürzte er dabei und brach sich zwei Rippen. Schnell wusste Yeager, dass es ihm so unmöglich war die Luke der X-1 zu schließen. Kurzerhand besorgte ihm sein guter Freund Jack Ridley einen gekürzten Besenstil, mit dessen Hebelwirkung es nun doch möglich war die Luke zu schließen und somit den Flug trotz gebrochener Rippen durchführen zu können. Mit diesem Flug hat er alles auf eine Karte gesetzt, alles riskiert.

Risiko abschätzen – Entscheidungen tragen

Alles auf eine Karte zu setzen, ist in meinen Augen jedoch nicht immer eine gute Idee. Dabei erinnere ich mich zurück an die Gründung der blowUP Media Gruppe, Mitte der 90er-Jahre. Die Vision von meinem Geschäftspartner und mir: Wir wollten Baugerüste mit großen, bunten Bildern ausschmücken und so ein neues Werbemedium schaffen. Wie wir fanden, eine lohnenswerte Geschäftsidee und eine echte Innovation für die es sich lohnen würde, ein Risiko einzugehen. Doch anders als Yeager hatten wir mit unserem Vorhaben nichts zu verlieren. Wir hatten – einfach gesagt – weder Kind, noch Haus, noch Hund und schon gar nicht setzten wir unser Leben aufs Spiel. Wenn die Idee nicht zünden würde, hätten wir jederzeit die Möglichkeit in unser Angestelltenverhältnis zurückzukehren. Insofern sind wir lediglich ein abschätzbares Risiko mit der Gründung der blowUP Media eingegangen und konnten das Unternehmen zum Marktführer in Europa entwickeln.

Wenn Du ein Risiko eingehen möchtest, dann solltest Du Dir vorher überlegen, ob es ein abschätzbares Risiko ist und ob es sich wirklich lohnt dies zu tun, etwa wenn es zur deutlichen Kosteneinsparung beiträgt oder eine große Entwicklungschance darstellt. Und im nächsten Schritt musst Du dann auch dafür bereit sein, Deine Idee bis zum Erfolg oder Misserfolg zu führen. Also, was denkst Du? Bist Du eher der Haudegen oder schätzt Du Risiken genau ab?

Auf das eigene Handeln vertrauen: „I have Control“

Ist es Dir schon einmal passiert, dass Du das Heft des Handelns aus der Hand gegeben hast?

Vor einiger Zeit flog ich als Erster Offizier gemeinsam mit meinem Kapitän – zunächst ohne Passagiere – zu einem niederländischen Provinzflughafen, um dort Gäste für den Weiterflug nach Brest aufzunehmen. Zuhause war das Wetter gut, doch je mehr wir uns dem Zielflughafen näherten, desto trüber wurde der Himmel. Die Wolkenuntergrenze lag niedrig und wir hatten nur marginale Flugsicht – und damit nur die minimalen Voraussetzungen, um zu landen…

Zögern im Cockpit

Mit dem Wissen gingen mein Kapitän in der Rolle als Pilot Flying (PF) und ich in den Anflug. Als Pilot Monitoring (PM) war ich für seine Unterstützung und Überwachung zuständig. Dann, bereits in der sogenannten MDA fliegend, der Minimum Decent Altitude (oder Mindestsinkflughöhe für die Landebahn), näherten wir uns dem Missed Approach Point (Fehlanflugpunkt) an dem man entweder nach Sicht landet oder den Anflug abbricht … und flogen – ohne die nötige Sicht auf die Landebahn – über diesen Punkt einige Sekunden hinaus, während wir weiterhin versuchten, die Landebahn im Nebel zu erkennen. An dieser Stelle hätte mein Einsatz kommen müssen: Mit dem Aufruf „Go Around!“ hätte ich meinen Kapitän zum Durchstarten auffordern müssen oder selber das Steuer nach Ausruf von „I have Control!“ übernehmen müssen, wenn er nicht durchgestartet wäre. Doch stattdessen saß ich stumm neben ihm. Erst als im dichten Nebel die Spitze eines Strommastes an mir vorbei sauste, rief ich: „Lass uns hier abhauen!“ – leider nicht sehr professionell. Das hat mein Kapitän aber verstanden, wir brachen den Anflug ab und flogen unverrichteter Dinge heim (die Gäste haben wir dann später in Amsterdam Schiphol aufgenommen, ein Flughafen mit leistungsfähigeren Landehilfen). Spät in der Nacht in Brest angekommen, fühlten wir uns völlig ausgelaugt und kaputt … und haben bis heute nie wieder über diesen Vorfall gesprochen. Ich weiß nur für mich, dass – neben dem gemeinsamen Fehler im Anflug – meine Inaktivität hätte schlimme Folgen haben können.

Übernehme selbst das Gesetz des Handelns

Was ich aus dieser Situation gelernt habe? Wir haben den großen Fehler gemacht, nicht all unsere Kenntnisse und Ressourcen an Bord zu nutzen. Jeder hat sein eigenes Ding gemacht, für sich alleine gearbeitet. Ich bin nicht ins Handeln gekommen, nicht aktiv geworden, obwohl ich hätte ausrufen müssen: „Go Around!“. Da das nicht erfolgt ist, hätte mein nächster logischer Schritt dann sein müssen, das Steuer mit „I have Control“ in die Hand zu nehmen, und uns da raus zu fliegen. Also: Wenn Du aktiv mit der aktuellen Situation verbunden bist und alle Möglichkeiten nutzt, wenn Du nichts ausblendest und fokussiert dabeibleibst, kommst Du auch aus schwierigen Situationen wieder heraus. „I have Control“ bedeutet in der Fliegerei mit der Situation verbunden zu sein, alle Ressourcen zu nutzen und ins Handeln zu kommen. Und genau das hätte mein Spruch sein sollen, das wäre meine Aufgabe gewesen. Wenn auch Du sagen kannst: „I have Control“, vermeidest Du das Heft des Handelns aus der Hand zu geben und hältst das Steuer selbst fest in der Hand.

Always stay ahead of the Aircraft

Ist es Dir schon mal passiert, dass sich die Welt um Dich herum zu schnell dreht?

Kennst Du dieses Gefühl, dass die Dinge um Dich herum plötzlich viel zu schnell passieren und Du sie in der Kürze der Zeit nicht mehr richtig einordnen kannst? Ich weiß ganz genau wie es sich anfühlt, denn mir selbst wiederfuhr eine ähnliche Situation zu meiner Zeit als Pilot. Es war ein ruhiger Geschäftsreise-Flug – von Deutschland aus steuerten mein Kapitän und ich mit unseren Gästen die italienische Adriaküste an: Zielflughafen Rimini. Ich war „Pilot Flying“ und steuerte das Flugzeug – doch was dann geschah, brachte mich völlig aus dem Gleichgewicht…

Ein Flug mit Folgen

Das Wetter in Rimini war zum Zeitpunkt der geplanten Landung hinsichtlich Flugsicht und Wolkenuntergrenze gerade so für einen Sichtanflug geeignet, der üblicherweise wertvolle Flugzeit spart. Wir entschieden uns aber, den Flug nach Instrumentenflugregeln fortzusetzen – mit Unterstützung in Flugdurchführung und Navigation: Safety First!
Kurz darauf informierte uns der Fluglotse aber überraschend über weiteren anfliegenden Verkehr und fragte, ob wir a.) einen deutlichen Umweg über das Meer fliegen würden, um im Anschluss – weiter im Instrumentenflug – hinter dem anfliegenden Verkehr eingeordnet zu werden, oder ob wir b.) nicht doch einen Sichtflug durchführen und somit die Abkürzung nehmen wollten. So richtig hatten wir uns im Cockpit noch gar nicht abgestimmt, aber plötzlich hieß es: Sichtanflug. Wir konnten also keine großzügige Runde fliegen, sondern mussten eine scharfe Wendung nehmen, obwohl wir uns bereits recht nahe und hoch am Flugplatz befanden: Nun mussten alle Manöver und Aktionen deutlich schneller abgebarbeitet werden. Das kann kein Autopilot – ich flog das Flugzeug per Hand – und für einen kurzen Augenblick war ich überfordert, fühlte ich mich völlig desorientiert und war gedanklich weit hinter dem Flugzeug…
Der Landeanflug gelang – von außen betrachtet reibungslos. In einer ruhigen Minute, während wir den Flieger tankten, wendete ich mich an meinen Kapitän und fragte, ob er meine Orientierungslosigkeit wahrgenommen hatte. Doch ihm sei nichts aufgefallen, während für mich das Gefühl mit der aktuellen Situation vollkommen überfordert und der momentanen „Upset-Situation“ brutal ausgesetzt zu sein, alles andere als angenehm war.

Don’t get behind!

Ich habe aus dieser Situation gelernt, dass solche Momente der Desorientierung passieren, wenn man primär versucht die Wünsche anderer Menschen umzusetzen – und nicht die eigenen. Und wenn man den kurzen Augenblick nicht nutzt, um sich zu fragen, was man selbst für richtig hält.
Es sind genau jene drei Dinge – die eigenen Wünsche umzusetzen, auf seine eigene innere Stimme zu hören und sich zu fragen: Will ich das wirklich? – die verhindern, das man in eine Situation gerät, in der sich die Welt viel zu schnell dreht, sodass man selbst gar nicht mehr mithalten kann. Also: Always stay ahead!

Mut zu Neuem: Der spektakuläre Flugzeugentwurf der Beechcraft Starship

Oder: Traust Du eigentlich Deiner Intuition?

Im Jahr 1986 fand der Erstflug eines bahnbrechenden und revolutionären Geschäftsreise-Flugzeuges statt: Die Firma Beechcraft, ein renommierter Hersteller von Business-Flugzeugen, hatte sich dazu entschieden, komplettes Neuland zu betreten und ein Flugzeug zu entwickeln, das in seiner Art völlig neu war. Die Konfiguration unterschied sich deutlich von anderen Modellen: Die Triebwerke und die Propeller saßen hinten und nicht vorne. Das Höhenleitwerk des Flugzeuges befand sich dafür vorne und nicht hinten wie üblich – eine insgesamt neue und hocheffiziente Anordnung. Dazu war das Flugzeug komplett aus Kohlefaser-Kunststoff gebaut, also nicht mehr aus Metall und hatte weiterhin ein sehr modernes Bildschirm-Cockpit nach heutigen Maßstäben.

Leider war dieses Modell jedoch kein wirtschaftlicher Erfolg – es wurden nur ungefähr 50 Stück davon verkauft. Das lag insbesondere daran, dass dieses Flugzeug Zulassungsprobleme hatte, weil die amerikanische Luftfahrtbehörde bis dahin mit Flugzeugen, die komplett aus diesem Kohlefaser-Kunststoff gebaut wurden, noch gar keine Erfahrung hatte und deshalb immer wieder neue Anforderungen stellte. Auch war gewissermaßen der Entwurf einfach seiner Zeit voraus und litt am Ende daran, dass er nicht genug Nachfrage generieren konnte.

Traue Deiner Intuition

Und dennoch war es ein sehr außergewöhnliches und wichtiges Flugzeug. Die Idee geht auf den amerikanischen Flugzeugdesigner Burt Rutan zurück. Rutan ist ein Mensch mit wirklich bahnbrechenden Ideen und sagt z. B.: „Wenn Du wirklich etwas Außergewöhnliches machen willst, musst Du Deiner Intuition vertrauen. Klar kannst Du schauen, wie der Wettbewerb Flugzeuge baut oder wie die Vögel fliegen, aber wenn Du wirklich etwas Neues machen willst, musst Du Deiner eigenen Vorstellungskraft vertrauen.“

Es braucht also Mut und das Denken über den Tellerrand hinaus. Allerdings braucht es eben auch Marktresonanz- und Akzeptanz. Das war bei der Beechcraft Starship jedoch leider nicht der Fall…

Raum für Innovationen schaffen

Zu meiner Zeit bei der blowUP Mediengruppe haben wir ebenfalls innovative Projekte vorangetrieben – und unsere Kunden begeistert: z. B. in Dubai verkleideten wir zum Jahresjubiläum des seinerzeitigen Scheichs ein Hochhaus vollständig mit Werbematerial – das dortige World Trade Center trug das Konterfei des Herrschers. Zur Fußballweltmeisterschaft 2006 wurde im Auftrag der Deutschen Telekom die „Kugel“ auf dem Fernsehturm in Berlin komplett zum Fußball verklebt und später der Mast des Turms zum wohl längsten Liebesbrief überhaupt.

Gelernt habe ich in der Zeit, dass es für Innovation Raum braucht. Es lohnt sich, den Ideenträgern im Unternehmen genau diesen Raum zu geben damit innovative Projekte entstehen. Denn wenn die Freiheit da ist, wirklich schöpferisch zu denken, wenn es gelingt der Intuition zu vertrauen, dann entsteht tatsächlich Bahnbrechendes – und hoffentlich ist auch der Markt dafür dann bereit.

Delegieren – was es dafür braucht

Fragst Du Dich öfter, was das Geheimnis beim Delegieren ist?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns weiter zurückbeamen. Genauer gesagt geht es um den Flug von United Airlines 232 im Sommer 1989. Die Maschine befand sich im Reiseflug auf 37.000 Fuß (gut 11.000 Meter), als das hintere, mittlere, Triebwerk der DC-10 sich völlig zerlegte. Und: dieses Triebwerk hatte dabei auch alle drei Hydrauliksysteme zerstört … ohne Hydraulik ist ein solches Flugzeug nicht mehr steuerbar.

Die Kommunikation im Cockpit und auch zur Kabine hatte nun höchste Priorität. Jan Brown war damals die leitende Stewardess. Nach einem kurzen Blickkontakt mit Kapitän Al Haynes war klar, dass sie als leitende Stewardess umgehend die Kabine auf die Notlandung vorzubereiten hatte. Entscheidend war die kurze, knappe und fokussierte Mitteilung von Haynes dazu. Und das Wissen des Flugkapitäns darum, dass seine Mitarbeiterin alle Ressourcen und Kenntnisse hatte, um die Aufgabe zu verstehen und vor allen Dingen auch umzusetzen. So konnte Haynes auf die Erledigung dieser entscheidenden Aufgabe vertrauen und sich wieder auf die Notlage im Cockpit selbst fokussieren.

Eine ähnliche Situation erlebte ich in meiner Rolle als CEO bei der blowUP Media Gruppe. In der Lehman-Krise fragten wir uns: Haben wir im Unternehmen eigentlich den richtigen Fokus? Bisher waren wir sehr Umsatz- und Marktanteil getrieben – im Wachstum und zur Schaffung unserer Marktposition sicher richtig. Doch gilt das auch in der Notlage einer Weltwirtschaftskrise? Wir erkannten, dass wir nun einen anderen Fokus brauchten, um unser Unternehmen zu erhalten. So stellten wir auf die Fokusgröße Deckungsbeitrag um, denn in der Krise ging es eben um profitables Geschäft und weniger um Umsatz um jeden Preis. Die entscheidende Frage war also: Wieviel verdienen wir eigentlich am Stück?

Das war ein totaler Paradigmenwechsel. Wir brauchten neue Werkzeuge und Tools für die Mitarbeiter, damit diese den Deckungsbeitrag vor- und nachkalkulieren konnten und stellten alle wirtschaftlichen Ziele auf den Deckungsbeitrag um, wie z. B. die variable Bezahlung im gesamten Unternehmen. Als Gesellschafter lässt man dabei „die Hose runter“, denn hinterher weiß jeder, was mit der Firma verdient wird. Allerdings war diese Fokusgröße Deckungsbeitrag richtig und wir haben richtigerweise darauf vertraut, dass die Mitarbeiter die neue Ausrichtung verstehen und wir haben ihnen alle Tools und Werkzeuge gegeben, dass sie das gut umsetzen können. Bei United Airlines 232 war der Fokus auf das Wesentliche und Vertrauen in andere ein wichtiges Thema. Genauso war es bei unserer Umstellung von der Zielgröße Umsatz auf die Zielgröße Deckungsbeitrag. Dort war ebenfalls die Konzentration auf das Wesentliche, eine neue Zielgröße, und auch das Vertrauen in die Mitarbeiter, der entscheidende Punkt.

Menschen folgen Menschen

Angenommen, es würde Dir leichtfallen, andere dazu zu bekommen, Dir zu folgen…

Warum folgen Menschen anderen Menschen? Warum lassen wir uns inspirieren und was motiviert uns dazu? Sicher bist auch Du schon einmal jemandem gefolgt und hast Dich voller Begeisterung mitziehen lassen. Doch was war die Motivation des „Anderen“? Hatte er die gleichen Ziele? Ich habe vor vielen Jahren eine andere Erfahrung gemacht, mit der ich Dir gerne einen Denkanstoß geben möchte …

Zu meiner Zeit bei der blowUP Mediengruppe haben wir begonnen mit einem großen Außenwerber zusammen zu arbeiten, unserem Investor. Dessen große Vision war es, in Deutschland ein Außenwerbe-Imperium zu schaffen. Und wir von blowUP haben daran geglaubt, im Ausland ein kleines Außenwerbe-Imperium aufzubauen. Kurzum: Wir hatten beide Großes vor, etwas das wir anstrebten und einen starken Glauben daran.

Mir war es sehr wichtig, dass unser Investor eine Idee vor Augen hatte von dem, was erreicht werden sollte und ich war felsenfest davon überzeugt, dass es uns gelingen würde unternehmerisch etwas zu erschaffen … zumindest über viele Jahre …

Irgendwann jedoch kippte die Stimmung. Unsere Mutter-Gesellschaft, unser Investor, ging an die Börse und schon bald darauf merkten wir, dass es weniger darum ging, etwas Großes aufzubauen und zu gestalten, sondern vielmehr darum, primär finanzielle Werte zu schaffen.

Für mich war das damals ein echter Schock. Ich finde, jedes Tun braucht einen tieferen Sinn oder Zweck, den es verfolgt. Doch Reichtum, Berühmtheit oder der finanzielle Erfolg waren für mich immer nur ein Ergebnis und nie der Grund für ein Tun. Wenn man nun aber merkt, dass der Reichtum für jemanden an erster Stelle steht und nicht mehr der Zweck etwas Tolles zu erschaffen, dann kann diese Erkenntnis schon sehr enttäuschend sein …

Eines ist mir dank dieser Geschichte jedoch klar geworden: Menschen folgen nicht dem WAS Du tust, sondern Menschen folgen dem WARUM Du es tust.

Wenn Du dich für dieses Thema interessierst und ein paar interessante Impulse sammeln möchtest, empfehle ich Dir einen Blick auf Simon Sineks „Golden Circle“ – denn auch hier geht es um das Warum, das Wie und das Was.

„Hä? Wer ist denn Luke Aikins?“ Ein Sprung aus 7.500m Höhe – ohne Fallschirm?

Wie wäre es, wenn Du Dir wirklich sicher sein könntest, alle Aufgaben auch umsetzen zu können?

Ein Ereignis lockte im Jahr 2016 mehrere Millionen Zuschauer vor den Fernseher. Voller Spannung warteten sie auf den riskanten Stunt von Luke Aikins. Ein Sprung aus 7.500 Metern Höhe. Ohne Fallschirm. Unter ihm ein Netz mit einer Kantenlänge von 30 mal 30 Metern, 60 Meter über dem Boden aufgespannt. Seine Mission: Dieses, aus der Vogelperspektive noch viel kleinere, Viereck zu treffen, das ihm die einzige Möglichkeit bot, diesen waghalsigen Sprung zu überleben… Und er schaffte es.

Ich habe in meiner Vergangenheit als Pilot selbst viele Fallschirmspringer in die Luft gebracht und schon immer dachte ich im Stillen: mmmh, was ist eigentlich falsch mit denen … (Humor intendiert). Vielleicht ist es aber auch nur eine gehörige Portion Mut und Verrücktheit. Was auch immer es ist, Luke Aikins musste das 1.000-fache davon gehabt haben, als er den Entschluss für diesen abenteuerhaften Sprung fasste. Hinzu kommt, dass seine Familie, Frau und Sohn, das ganze Spektakel vom Boden aus live miterleben durften. In meinen Augen war er damals einfach nur verrückt und dazu noch unverantwortlich.

Und doch reizte mich das Thema, sodass ich mich weiter mit dieser Person beschäftigte. Bald schon fand ich heraus, dass er bei seinem Sprung mit Methoden aus der professionellen Fliegerei arbeitete. Das Geheimnis: ein Lichterkreuz (kennen Piloten ähnlich als PAPI – Precision Approach Path Indicator). Befand er sich während des Sprungs zu weit vorne, so erschienen ihm Lichter unterhalb des Kreuzes. Befand er sich wiederum zu weit hinten, leuchteten Lichter oberhalb des Kreuzes. Gleiches Spiel mit den Seiten links und rechts. Sobald er das Lichterkreuz in der Mitte hatte, wusste er, dass ihm der Sprung gelingen würde. Er war ein absoluter Perfektionist und am Tag seines Vorhabens lagen bereits über 2 Jahre Planung hinter ihm.

Alles eine Frage der Haltung

Die Frage, die ich mir nun stellte: Mit welcher Haltung ist er an den Sprung gegangen? Mich erinnerte das an meine Zeit bei der blowUP media Gruppe. Eines Tages fasste ich mit meinen Partnern den Entschluss weitere Firmen im Ausland zu gründen. Wir starteten unsere Mission gleich und ohne sorgfältige Marktrecherche, ohne ausreichend Kapital und ohne genügend Personal. Kurzum: Wir haben es einfach gemacht. Es war durchaus risikobehaftet, aber wir haben halt schnell genug dazugelernt. Unsere Haltung zu dieser Zeit: Wir glaubten, dass die Märkte von England bis Spanien, von Frankreich bis Schweden nur auf uns gewartet haben. Natürlich war das letztendlich nicht so, aber wir glaubten daran es zu schaffen und wir glaubten an unser Know-how. Und das mit Erfolg.

Aus dieser Reflexion kann ich Dir folgenden Rat ans Herz legen: Glaube immer daran, dass Du selbst den entscheidenden Einfluss auf den Erfolg hast und dieser nicht primär von Dritten abhängig ist. Glaube daran, dass Du derjenige bist, der die Welt bestimmt und nicht, dass die Welt Dich bestimmt. Es ist alles eine Frage der Haltung.

Zu oft faule Kompromisse

Wie wäre es, wenn Du bei Personalentscheidungen keine „faulen Kompromisse“ machen müsstest?

Kennst Du das? Du betrittst Dein Unternehmen und gehst an den einzelnen Büros vorbei. Links, ein freundliches „guten Morgen!“, rechts ein leicht genervter Blick und die Kollegin im Büro hinten links lädt Dich direkt zum Smalltalk ein. Hand aufs Herz: Nicht immer ist man mit allen Menschen im Team auf der gleichen Wellenlänge. In meiner Zeit als Gruppengeschäftsführer einer Mediengruppe war das ähnlich. Mit den einen war ich gedanklich wie emotional eng zusammen, mit den anderen wiederum weniger – und immer der Gedanke: Arbeiten wirklich alle an der Zielerreichung? Die Frage, die sich oft dann stellt, lautet: Will ich mit allen Teammitgliedern nun weiter zusammenarbeiten oder führen unsere Wege in Zukunft in getrennte Richtungen?

Eine Entscheidung muss her…

Nicht immer macht gleich eine Kündigung Sinn. Was es hier braucht ist ein Entscheidungsmodell, welches weit darüber hinaus geht, ob man einen Menschen mag oder eben nicht. Entscheidend ist hier, ob die Werte des Unternehmens geteilt und die vereinbarten Ziele erreicht werden. Wenn Du Dir in einem solchen Konflikt diese beiden Fragen stellst, wird Dir die Entscheidung leichter fallen.

Im besten Fall teilt ein Mitarbeiter a.) die Werte des Unternehmens und erreicht b.) darüber hinaus auch die gesteckten Ziele: Ein echter Gewinn für das Unternehmen. Hier muss alles getan werden, um diese Mitarbeiter weiterhin zu halten – Stichwort: Mitarbeiterbindung. Es gibt aber auch das exakte Gegenteil: jemand, der c.) weder die Unternehmenswerte lebt, noch d.) die Ziele erreicht, die zuvor vereinbart wurden. Diese Situation ist für ein Unternehmen nicht tragbar. Eine Trennung ist hier die logische Konsequenz.

Werte vs. Ziele

Schwierig wird es jedoch, wenn folgende Situation auftritt: Jemand erreicht die wirtschaftlichen Ziele seines Geschäftsbereiches aber lebt nicht Werte des Unternehmens. Oder umgekehrt: Die Unternehmenswerte werden geteilt aber die Ziele werden nicht erreicht. Beides also deutlich komplizierter als die beiden o.g., eher klaren, Situationen. Hier musst Du Dich fragen: Ist der betreffende Mitarbeiter ein Asset für mein Unternehmen? Kann diese Person etwas Wichtiges zu meinem Unternehmen beitragen, das ihn unverzichtbar macht? Vielleicht ist es das über Jahre gesammelte Know-how, vielleicht sind es aber auch die wichtigen Kundenbeziehungen, die über die Jahre aufgebaut wurden. Auch kann es sein, dass diese Person einen erheblichen emotionalen Anteil zumUnternehmen beiträgt.

Fazit

Fördere Mitarbeiter bedingungslos, die ihre Ziele erreichen und die Unternehmenswerte teilen. Kündige, wenn jemand weder die Ziele erreicht noch die Werte achtet. Wenn ein Mitarbeiter, der die Ziele erreicht aber die Werte nicht teilt oder die Werte schätzt aber die Ziele nicht erreicht, doch ein Asset für das Unternehmen ist, dann solltest Du in dieser Situation bereit sein zu investieren: In Gespräche und vielleicht auch ein persönliches Coaching. Du wirst sehen, dieses Modell wird Dir in zukünftigen Personalentscheidungen eine wichtige Stütze sein. Wenn Du Deine Entscheidungen basierend auf diesem 4-Stufenmodell triffst, wird es Dir schließlich leichter fallen keine faulen Kompromisse zu machen, wenn es um Dein Personal geht.

Ausnahmezustand? Kein Problem!

Wie wäre es, wenn Du auch in schwierigen Situationen handlungsfähig bleiben würdest?

Es war eine der Mediensensationen im Jahr 2009: Die Notlandung des Airbus A320 im Hudson River. In gerade mal 1.000 Metern Höhe nach dem Start wurden Chesley Burnett Sullenberger, besser bekannt als »Sully« und sein Copilot Jeff Skiles mit Vogelschlag und ausgefallenen Triebwerken konfrontiert. Sie konnten das drohende Unglück durch ihre riskante Wasserlandung abwenden. Heute zählt der US-Airways-Flug 1549 zu den Meisterstücken der Luftfahrt.

Situationen, in denen nichts so ist wie es sein soll, kenne ich aus meiner unternehmerischen Tätigkeit gut. Damals war ich für meine Mediengruppe in Amsterdam unterwegs. Um unsere Werbemaßnahmen durchführen zu dürfen, war es hier notwendig vorher Baugenehmigungen einzuholen. Das war so lange kein Problem, bis das Stadtparlament den Entschluss fasste keine Baugenehmigungen mehr auszustellen. Und so stand ich da in einer Situation, die so nicht zu erwarten war. Was also tun?

Wie Piloten, so finden sich auch Unternehmer hin und wieder in Situationen, die sehr herausfordernd sein können. Sully und seine Crew haben ihre Herausforderung bestens gemeistert. Sie sind umgehend unter Zeitdruck alle Checklisten durchgegangen und haben blitzschnell reagiert. Mein Landesgeschäftsführer in den Niederlanden und ich haben ebenfalls nach alternativen Lösungen gesucht und schon bald neue Gebiete um Amsterdam herum erschlossen sowie vermehrt Lobbyarbeit betrieben. So haben wir die Situation langsam aber sich in den Griff bekommen.

Was lernen wir daraus?

Sully und seine Crew konnten die Wasserlandung durchführen, weil sie alles systematisch abgearbeitet haben und so erfolgreich in einer Situation operiert haben, die sehr außergewöhnlich war. Auch ich musste damals bei meiner Arbeit in Amsterdam ins Handeln kommen, musste so lange die Sache, die ich mir vorgenommen hatte, durchziehen, bis der Erfolg eintrat.

Entscheidend in beiden Fällen: Du musst die Situation annehmen. Außerdem stelle Dir die Frage: Was brauche ich zum Agieren? Ein bewährtes Entscheidungs- und Vorgehensmodell wird Dir dabei helfen. Wenn Dir dies gelingt, dann bleibst Du auch in schwierigen Situationen handlungsfähig.